Bayalpata Operations-Camp November 201119.-28.11.2011 Wir, die Anästhesistin (Christiane Bär-Benzing) und die Anästhesieschwester (Doreen Bierey) wurden kurz vor unserer Abreise ans SKMH von Hein Stahl (Sektionsleiter Nepalhospital) mit der Nachricht überrascht, dass es gut wäre , wenn wir am OP-Camp im äußersten Westen Nepals in der Provinz Achham teilnehmen könnten. Also packten wir schnell unsere Koffer um ( Schlafsack, "Survival Utensilien"), da wir ja primär für einen Aufenthalt am SKMH ausgerüstet waren, wo man ja eher mit einem fast europäischem Standard verwöhnt wird. Nach ein paar Tagen Eingewöhnung am SKMH ließen wir uns mit Vorfreude auf das Abenteuer ein. Die Vorbereitung auf das Camp von Seiten des Nepali Personals war hervorragend. Alle Kisten, in denen sämtliches Material mitgenommen wurde, hatten Bestandslisten und wurden entsprechend gepackt. Wir hatten vor der Abreise Gelegenheit, die anästhesiologischen Kisten zu prüfen und noch Medikamente und Material, das wir für notwendig hielten, hinzuzufügen. Am Morgen des 19. November ging es um 5 Uhr los; Bus- und Beifahrer hatten den Bus gepackt. Wir sammelten in Kathmandu das restliche Team auf, insgesamt 15 Teilnehmer: 2 Nepali Chirurgen (Dr. Santoz und Dr. Rojina), 1 deutscher Chirurg (Dr. Helmut Tassler, schon camperfahren!!), 1 deutsche Anästhesistin (Dr. Christiane Bär-Benzing), 1 deutsche Anästhesieschwester(Doren Bierey), 5 Nepali OP-Schwestern unter der perfekten Leitung von Anita, 1 Techniker, Chefadministrator Bishwajeet, 1 Cleanman sowie Bus- und Beifahrer. Das Team war perfekt: Jeder übernahm alle Arbeiten, die notwendig waren. Schwestern dolmetschten für uns Deutsche, der Dialekt in der Gegend war auch für die Nepali sehr speziell, und es war unser Techniker "Buru", der am besten mit den Einheimischen reden und so schon vorab die Patienten lenken konnte. Nach 2 Tagen Fahrt durch abwechslungsreiche Landschaft (880km), 1 Übernachtung in einem richtig schönen Hotel in Nepalguni, vielen Stopps für Tee bzw. Essenspausen, wo wir die Nepaliküche mit Dal Bhat und dem in Milch aufgekochten Tee bis in alle Variationen kennenlernten, kamen wir dann spät nachts in unsere Unterkunft in Sanphebagar. Wir gewöhnten uns schnell daran, dass es nur kaltes Wasser gab, meist keinen Strom und dass wir uns zu zweit ein 1,4 m breites Bett teilen mussten. Ebenso an das Essen (Dal Bhat), und es war eine tolle Abwechslung, wenn man uns gebratene Nudeln oder Reis, einmal sogar Kartoffelpüree servierte. Alle waren immer fröhlich, und abends saßen wir dann meist in einem Zimmer zusammen und hatten viel Spaß. Wir Deutsche waren vollständig in das Nepaliteam integriert, was uns die Arbeit in dieser sehr armen und einfachen Gegend sehr angenehm und leicht machte. Das Bayalpata Hospital lag ca. 20 Min. Busfahrt von unserer Unterkunft entfernt in wunderbarer Landschaft mit herrlichem Ausblick ins Tal. Das Bayalpata Hospital wurde in seiner jetzigen Form in Zusammenarbeit von "Nyaya Health" und dem Nepalesischen Gesundheitsministerium 2009 in Betrieb genommen, um in der Provinz Achham - einer der ärmsten Regionen Südasiens und mit einer welthöchsten Mortalitätsrate besonders bei Frauen - eine Gesundheitsversorgung zu entwickeln. Neben den ständig genutzten Einrichtungen (Notaufnahme, Röntgen, Station, Verwaltung, Ambulanz) gab es ein freistehendes leeres Häuschen, die "Surgical Unit" für die Chirurgen. Es war bei unserer Ankunft vollständig leer ohne wesentliche Raumaufteilung oder Türen, ohne Fenster, nur Fliegengitter. Es war erstaunlich, dass wir dieses leere Gebäude binnen 2 Std. in einen funktionsfähigen Op-Trakt (Op-Saal mit 2 Tischen) eingerichtet hatten, inklusive Aufwachraum mit 2 Betten, Ambulanz zur Vorbesprechung, Steri- und Umkleideraum, Patientenaufnahme und Verbandswechselraum. Die Raumaufteilung wurde hauptsächlich durch mitgebrachte Tücher gestaltet. Ebenso wurden die Fenster zugehängt, damit die wartenden Patienten nicht in den OP schauen konnten. Unsere Ankunft im Hospital war beeindruckend. Menschenschlangen erwarteten uns bereits, die Patienten waren zum Teil mehrere Tagesmärsche zu Fuß unterwegs gewesen und warteten geduldig. Bevor wir mit der Patientenbehandlung begannen gab es einen offiziellen Empfang von Seiten der Provinzleitung und des Hospitals, wo der Einsatz des SKMH und speziell der beiden Chirurgen (Dres. Santoz und Tassler) gewürdigt wurden. Dr. Santoz hielt ebenfalls eine Ansprache, in der er auf die chirurgischen Versorgungsmöglichkeiten sowohl vor Ort als auch am SKMH hinwies. Die Versorgung ist in der Regel für die Patienten unentgeltlich. Dann endlich konnten wie am späten Vormittag mit der Patientenversorgung starten. Unser Administrationschef dokumentierte die wesentlichen Daten aller Patienten in einer Liste. Als Unterschrift bzw. Einwilligung in die Operation diente oft ein Fingerprint, da sehr viele Patienten Analphabeten waren. Dann wurden die Patienten einer nach dem anderen von den chirurgischen Kollegen untersucht, und die Indikationen für die Operationen im Camp oder am SKMH gestellt. Die Sprechstunde war in Anbetracht der großen Patientenzahl wirklich eine Herausforderung; die Kollegen waren bewundernswert geduldig und gelassen. Im Laufe der Tage gab es manchmal kleine Streitigkeiten unter den Patienten, weil die Menschen Angst hatten, sie würden nicht behandelt werden, die aber von unserem Techniker geschickt geschlichtet wurden. Insgesamt war es beeindruckend, mit welcher Geduld die Menschen warteten und wie dankbar und zum Teil auch stolz sie nach ihrer operativen Versorgung waren. In den 5 Tagen wurden insgesamt 450 Patienten gesehen. Die schweren Fälle wurden an das SKMH weitergeleitet und bei unserer Ankunft am 28.11.2011 waren schon die ersten Patienten zur Weiterversorgung in einer 3- bis 4-tägigen Busreise aus dem Westen angereist. Von Seiten der Anästhesie waren wir zwar einfach, aber ausreichend mit einem tragbaren Narkosegerät (Stephan) ausgerüstet. Als Narkosegas verwendeten wir Halothan, als Monitoring hatten wir EKG, Blutdruck und die Sauerstoffsättigung. Ein Pulsoximeter gab es auch im Aufwachraum. Insgesamt wurden 140 operative Eingriffe durchgeführt, darunter sehr viele kleine Eingriffe (Fibrome, Atherome, Narbenkorrekturen), die in Lokalanästhesie operiert wurden. Wir führten in den 5 OP-Tagen insgesamt 20 Narkosen (Kombinationsnarkosen mit Intubation bzw. Larynxmaske, Spinalanästhesien, periphere Nervenblockaden wie axilläre Plexusanästhesie, distale Ischiadikusblockaden) für Klumpfussoperationen, Sehnenverlängerungen, unfallchirurgische Versorgung alter Frakturen, Hydrozelen, Phimosen und größeren Narbenkorrekturen bei Kindern durch. Es gab keine besonderen Ereignisse oder Zwischenfälle von Seiten der Anästhesie oder Chirurgie. Bei Stromausfall sprang der von uns mitgebrachte Generator ein, sodass die OP-Lampe und Monitore in der Regel funktionierten. Unsere OP-Tage begannen nach Anreise von unserem Stützpunkt gegen 9 Uhr und wir arbeiteten täglich bis in die Dunkelheit hinein, meist bis 20h. Manche Patienten mit langen Anreisewegen konnten dann problemlos die Nacht auf der Krankenstation des Hospitals verbringen. Insgesamt war dieses Camp für mich persönlich als auch medizinisch ein ganz besonderes und unvergessliches Erlebnis, da ich mit einfachen Mitteln, auch bei der präoperativen Einschätzung der Patienten, eine sinnvolle und erfolgreiche Arbeit tun konnte. Ich möchte mich nochmals bei dem gesamten Team für die unkomplizierte, fröhliche, offene und sehr kompetente Zusammenarbeit bedanken, die uns die Zeit im Camp und die lange Fahrt im Bus durch die traumhafte Landschaft des Südens und Westens Nepals so schön und leicht gemacht hat. Namaste bis bald Christiane Bär-Benzing |
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